Jörg Niethammer (SEO-Experte)

Jörg Niethammer
SEO-Experte & Blogger

Titelbild mit einer Website und einem Totenkopf mit der Frage, haben Websites eine Zukunft

Haben Websites eine Zukunft? Und wenn ja, wie viele? In diesem Artikel möchte ich mit meinem jetzigen Wissensstand Mitte Dezember 2025 eine Prognose wagen, wie sich das Web in den kommenden Jahren entwickeln wird.

Inspiriert hat mich die grundsätzliche Diskussion in der SEO-Szene, aber speziell der durchaus polarisierende Artikel in der 94. Ausgabe der Website Boosting von Prof. Dr. Mario Fischer sowie zahlreiche darauf Bezug nehmende LinkedIn-Posts. Einer dieser Posts war von Marco Janck am 18. November 2025.

Websites vs. KI-Systeme

Das Grundproblem, das unter anderem Mario sieht, ist die Redundanz von Websites, sobald sämtliche Informationen in KI-Systemen und Large Language Models (LLMs) verfügbar sind und ein Besuch einer Website nicht mehr notwendig wird. Ja, das wird für einige Branchen definitiv zum Problem. Mario könnte sich ganz grob zusammengefasst vorstellen, dass es Schnittstellen zu KI-Systemen gibt, in denen Unternehmen ihre Informationen zur Verfügung stellen. „AIDI“ nennt er es (AI Data Interface).

Ich finde die Idee gar nicht so abwegig. Google Discover und Google News funktionieren bereits seit einigen Jahren so oder so ähnlich. Zwar werden weiterhin Inhalte auf Website zur Verfügung gestellt, allerdings werden diese gemäß Google-Vorgaben strukturiert, dass Google sie so in die Google-Welt verarbeiten kann. Ein Klick auf die Website ist nicht mehr notwendig, die Session bleibt bei Google, der eigene Website-Traffic hat davon nichts.

Eine krasse und deutlich breitere Weiterentwicklung sind LLMs. Auch dort ist der Klick quasi nicht mehr notwendig. Die genauen User Journeys sind allerdings weiterhin unklar. Gut möglich, dass die User Journey nicht immer nach einer Antwort eines LLMs endet, sondern im Anschluss wieder zur klassischen Google-Suche führt. Das ist zumindest heute noch nicht bekannt.

Websites bleiben relevant

Die Sicht von Mario ist berechtigt. Allerdings wird die Website-Zukunft nicht schwarz oder weiß sein. Es ist und wird eine lange Evolution, keine kurze Revolution. Marco Janck sagt in seinem bereits genannten Post, dass er denkt, Website werden in den nächsten zehn Jahren nicht verschwinden. Er meint, es „wird aber nur bedingt darauf hinauslaufen, dass Webseiten durch reinen Informationsaustausch per API oder anderer Schnittstellen ersetzt werden bzw. sich Agenten selbstständig und ausschließlich miteinander unterhalten“ (Quelle).

Ich sehe das ähnlich. Denn am Ende ist das Konstrukt Website seit mindestens zwanzig, eher sogar dreißig Jahren in der breiten Gesellschaft bekannt und verankert. Genauso, wie bereits erwähnt, die Gewohnheit der Suchanfragen an klassische Suchmaschinen. Gelernt, ist gelernt. Das heißt keineswegs, dass man sich ausruhen sollte. Die Menschheit kann und wird sich umgewöhnen. Aber das wird nicht so schnell gehen, wie viele befürchten.

Websites sind allein schon beim Anblick der Domain in der Adresszeile des Browsers ein Touchpoint des Vertrauens. Branding ist viel älter als das Internet und das Vertrauen in Marken und Produkte wird immer noch durch Erlebnisse, Erfahrungen und Emotionen gesteuert. Menschen informieren sich nicht mehr linear. Daher sind auch die User Journeys nicht mehr linear. Social Media in all seinen Ausprägungen, klassisches Marketing, 3rd-Party-Content, Google, LLMs und eben auch die Website sind Touchpoints, die nicht immer alle, aber auch nicht immer nur einer allein mit den Usern interagieren, Botschaften transportieren, Vertrauen schaffen.

Ich wiederhole mich: Für manche Branchen werden LLMs zum Sargnagel. Für andere werden sie Umsatzbringer Nummer 1, weil ich direkt in ihnen kaufen kann. Aber für ganz viele wird die LLM-Recherche eine zusätzliche Option innerhalb der individuellen User Journey. Die Entscheidung für oder gegen ein Produkt oder eine Dienstleistung kann ein LLM vielleicht grundsätzlich abnehmen. Aber die Botschaften auf einer Website bleiben relevant für eine Kaufentscheidung. Vor allem bei Produkten und Dienstleistungen, die nicht „einfach so“ getroffen werden können.

Und Websites bleiben dann relevant, wenn sie sich von einer reinen 08/15-Contentquelle zu einem Erlebniszentrum in der Customer Journey entwickeln. Die Frage, die sich Unternehmen stellen müssen: Wie kann sich meine Website von LLMs und anderen Angeboten abheben? Wie kann ich die User Journey effektiv und im Idealfall effizient unterstützen? Konfigurationstools und Co. gibt es in LLMs nicht…

Völlig vernachlässigte Themen

Für mich zwei ganz große Themen, die von vielen in der Diskussion überhaupt nicht berücksichtigt werden, sind das Ziel der KI- und LLM-Anbieter und deren Kapazität, Ressourcen und Budget.

Ziele von KIs und LLMs

Anbieter von KI-Systemen und LLMs müssen ihre horrenden Kosten decken und Geld verdienen. Ja, bei ChatGPT und vielen anderen Anbietern gibt es monatliche Bezahlmodelle. Selbst Google hat in Gemini eine Bezahloption für zusätzliche Funktionen. Die Frage bleibt trotzdem, ob das dauerhaft so funktionieren wird. Oder ob irgendein großer Player irgendwann alles kostenlos zu Verfügung stellt, zumindest für den privaten User. Google macht das eigentlich schon mit dem AI-Mode. Eine Refinanzierung ist nur mit Monetarisierung möglich, daher werden Ads integriert oder noch stärker integriert. Das Grundsatzmodell von Search Engine Advertising (SEA) nur eben in LLMs.

Es geht also wie immer ums Geld. Und genau da kommt der zweite Punkt:

Kapazität, Ressourcen, Budget

KI-Systeme und LLMs können viele Angebote, die Websites anbieten und anbieten können, nicht mal ansatzweise reproduzieren. Zumindest aktuell nicht. In Diskussionen kommt häufig das berechtigte Argument, dass das alles eine Frage der Zeit ist, bis auch solche Dinge von LLMs abgebildet werden können. Ich bin davon überzeugt, dass das möglich ist. Was der verhältnismäßig kleine Websiteanbieter hinbekommt, bekommen Tech-Großkonzerne wie Google ohne Probleme reproduziert. Aber lohnt sich das für diese Konzerne? Lohnt es sich, ein komplexes Konfigurationstool mit diversen individuellen Anpassungsmöglichkeiten, die sich unter Umständen täglich ändern, in ein LLM zu integrieren?

Genau da kommt mein Gegenargument: Ja, diese Konzerne können das. Und ja, vielleicht wollen sie es sogar. Aber dann sprechen wir von einer nicht quantifizierbaren, weil unvorstellbar hohen Vervielfachung von Rechenleistung. Zum einen für eine noch höhere „Intelligenz“, zum anderen für viel mehr Technik und Rechenleistung. Diese Rechenleistung dürfte in einer Größenordnung liegen, die weder umsetzbar noch finanzierbar ist. Hier gibt es eine Grenze nach oben, die sich nicht überwinden lassen.

Bis 2030 wird mit einer Verdoppelung des Stromverbrauchs für Rechenzentren gerechnet (Quelle). Das entspräche dem Stromverbrauch von Japan und Japan ist nach China, USA, Indien und Russland auf Platz fünf des weltweiten Stromverbrauchs (913 Terrawatt in 2024, zum Vergleich Deutschland: 464 Terrawatt; Quelle). Diese Energie muss bereitgestellt und von diesen Konzernen bezahlt werden.

Fazit

Websites bleiben in absehbarer Zukunft sehr relevant. Websites sind die Quelle schlechthin für KI-Systeme, LLMs und klassische Suchmaschinen. Die Nutzung verändert sich definitiv und jedes Unternehmen muss schauen, ob die Website der richtige Touchpoint ist und bleibt und welche Alternativen es gibt. Zu sagen, man müsste jetzt nichts mehr an der Website tun, wäre fahrlässig.

Wer sich jetzt gut aufstellt, die Zeiten der Zeit individuell, realistisch und ehrlich analysiert, wird auch weiterhin erfolgreich sein. Am Ende zählt mein Motto: Leben in der Lage; Ich passe mich an mein Umfeld an und ändere das, worauf ich Einfluss habe.

Wie wir den Herausforderungen bei Hansgrohe begegnen, ist Teil meines Vortrags „Next-Level-SEO entlang der Customer Journey“ auf der SEOkomm am 28. November 2025.

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